Bei Ihrem Kind wurde ein Deletionssyndrom 22q11 festgestellt oder es besteht der Verdacht darauf.
Diese Information hilft Ihnen, sich einen ersten Überblick über das seltene Krankheitsbild zu verschaffen. Sie erfahren auch, wo Sie für die ganze Familie Unterstützung finden.
Auf einen Blick
Beim Deletionssyndrom 22q11 sind die Erbanlagen verändert. Die Erkrankung kann sich ab der Geburt bemerkbar machen. Fachleute können das Blut auf die veränderte Erbanlage untersuchen.
Viele verschiedene Anzeichen sind möglich, zum Beispiel: Herzfehler, Gaumenfehlbildungen, Gesichtsauffälligkeiten, Mittelohrentzündungen, Entwicklungsstörungen, Lernschwierigkeiten oder Verhaltensauffälligkeiten.
Behandlungen sind zum Beispiel: frühzeitige Förderung mit Logopädie, Bewegungstherapie, Ergotherapie, Operationen und Maßnahmen gegen Infekte.
Die Erkrankung
Unter dem Namen Deletionssyndrom 22q11 (DS 22q11) werden mehrere Krankheiten zusammengefasst, zum Beispiel das Velokardiofaziale Syndrom, das DiGeorge-Syndrom oder das Shprintzen-Syndrom.
Beim Deletionssyndrom 22q11 handelt es sich um eine Veränderung in den Erbanlagen. Das lateinische Wort "Deletion" bedeutet Löschung. An einer bestimmten Stelle im Erbgut, die mit "22q11" bezeichnet wird, ist ein sehr kleines Stück Erbinformation verloren gegangen. Meist passiert das rein zufällig. Eine Vererbung der Veränderung von einem Elternteil auf das Kind ist in etwa 15 von 100 Fällen nachweisbar.
Etwa 1 von 4000 Kindern ist vom DS 22q11 betroffen.
Anzeichen und Beschwerden
Es sind über 180 verschiedene Auffälligkeiten bekannt. Bei einem betroffenen Kind treten aber jeweils nur einige auf. Manche Anzeichen sind bereits bei Geburt offensichtlich. Andere erscheinen im Verlauf der Kindheit. Wie die Erkrankung bei Ihrem Kind verlaufen wird, lässt sich nicht vorhersagen. Die Krankheitszeichen können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein – stark, schwach oder auch gar nicht. Häufig sind:
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Angeborene Herzfehler: Sie können mit allgemeiner Schwäche und Atemproblemen einhergehen.
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Gaumenspalte: Säuglinge haben oft Schwierigkeiten zu trinken und zu schlucken.
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Schwäche der Gaumenmuskeln: Dies führt zu Schwierigkeiten beim Sprechen.
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Mittelohrentzündungen: Sie können zu einer näselnden Sprache und zu Hörschäden führen.
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Gesichtsauffälligkeiten: Hierzu gehören langes und schmales Gesicht, Schlupflider, breite Nasenwurzel, kleiner und häufig offen gehaltener Mund, dünne Lippen, kleine und abstehende Ohren.
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Entwicklungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten: Hierzu gehören verzögerte Sprachentwicklung, Koordinationsprobleme, späteres Trockenwerden, Stimmungsschwankungen und Aufmerksamkeitsstörungen.
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Lernschwierigkeiten: Bei etwa jedem zweiten betroffenen Kind ist die Intelligenz leicht vermindert. Viele haben Probleme beim Rechnen, mit dem logischen Denken und Leseverständnis. Die meisten besuchen eine Regelschule, wo sie bei Bedarf zusätzliche Unterstützung im Rahmen der Inklusion erhalten können.
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Mangel an Kalzium: Dies kann zu Muskelkrämpfen und Krampfanfällen führen.
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Knochenfehlbildungen: Besonders oft treten sie an Wirbelsäule, Füßen oder Hüftgelenken auf.
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Psychiatrische Krankheiten: Später kann eine Angststörung, Depression oder Psychose auftreten.
Weitere Zeichen sind zum Beispiel: unzureichende Größen-und Gewichtszunahme, Muskelschwäche, wiederkehrende Infekte, Sehschwäche oder Nierenstörungen. Die Lebenserwartung entspricht weitgehend der Normalbevölkerung, sofern nicht ein schwerer Herzfehler oder eine schwere Immunschwäche vorliegt.
Untersuchungen
Weist Ihr Kind einige dieser Anzeichen auf, untersucht man sein Blut auf die veränderte Erbanlage, um die Diagnose zu stellen.
Im Verlauf empfehlen Fachleute bestimmte Untersuchungen zur Kontrolle für Ihr Kind: Lassen Sie zum Beispiel die Kalziumwerte, die Wirbelsäule, die Zähne und das Hörvermögen regelmäßig überprüfen.
Behandlungen
Das Deletionssyndrom 22q11 ist nicht heilbar, aber es gibt für viele Beschwerden Behandlungsmöglichkeiten. Die vielfältigen Probleme und Komplikationen erfordern eine langjährige und umfassende Betreuung durch ein Spezialisten-Team.
Es ist wichtig, die Entwicklung Ihres Kindes frühzeitig zu fördern, zum Beispiel mit Logopädie, Bewegungstherapie oder Ergotherapie. Bei Bedarf ist auch eine psychologische oder psychiatrische Betreuung möglich. In Kindergarten und Schule unterstützt eine inklusive Förderung die Fähigkeiten Ihres Kindes. Inklusion schließt alle Kinder gleichermaßen ein und fördert jedes gemäß seiner Bedürfnisse.
Herzfehler können häufig erfolgreich operiert werden. Gaumenspalten werden operativ verschlossen. Gaumenfehlbildungen lassen sich meist mit einer Sprachtherapie behandeln. Manchmal ist auch hier eine Operation hilfreich.
Bei Mittelohrproblemen kann ein Trommelfellschnitt helfen. Zur besseren Belüftung der Ohren entfernt man manchmal die Rachenmandeln (bekannt als "Polypen"). Fallserien zeigen, dass dies aber das Sprechen bei Kindern mit DS 22q11 verschlechtern kann. Lassen Sie deshalb vorher genau prüfen, ob der Eingriff wirklich notwendig und hilfreich ist.
Infektanfällige Kinder brauchen einen besonderen Schutz vor Krankheitserregern. Das Behandlungsteam berät Sie über mögliche Maßnahmen, wie Händehygiene und Impfungen.
Forschung
Es besteht die Hoffnung, dass zukünftig eine Gentherapie als Behandlungsmöglichkeit verfügbar ist. Derzeit arbeiten Forschergruppen daran.
Was Sie selbst tun können
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Es ist normal, anders zu sein. Jedes Kind ist einzigartig. Unterstützen Sie Ihr Kind so gut es geht. Ihr Kind kann viel erreichen.
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Ein Kind mit DS 22q11 kann Sie vor große Herausforderungen stellen. Sie müssen sich mit zahlreichen Fragen auseinandersetzen und Ihre eigenen Erwartungen mit den Bedürfnissen Ihres Kindes in Einklang bringen. Sie sind aber nicht allein, es gibt viele Möglichkeiten, die Ihnen und Ihrem Kind den Alltag erleichtern und eine gute Lebensperspektive ermöglichen.
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Begleiten Sie Ihr Kind aufmerksam, und lassen Sie seine körperliche und geistige Entwicklung regelmäßig von entsprechenden Spezialistinnen und Spezialisten beurteilen. Je früher Auffälligkeiten entdeckt werden, desto besser kann man Ihr Kind unterstützen.
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Es ist empfehlenswert, ein Kompetenz-Zentrum oder ein Sozialpädiatrisches Zentrum (kurz: SPZ) aufzusuchen. Dort arbeiten Fachleute, die sich gut mit der Erkrankung auskennen.
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Jugendliche mit DS 22q11 neigen öfter zu Übergewicht und Diabetes Typ 2 (Zuckerkrankheit). Eine frühzeitige Ernährungsberatung und viel Bewegung sind daher ratsam.
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Wenn Sie Fragen zur Vererbung der Krankheit haben oder Ihr Blut auf veränderte Erbanlagen testen lassen möchten, gehen Sie zu einer humangenetischen Beratung. Dort können Sie sich ausführlich informieren.
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Sie können sich einer Selbsthilfeorganisation anschließen und Ihre Erfahrungen mit anderen Betroffenen austauschen, zum Beispiel bei Gruppentreffen.
In der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) e. V. haben sich Patientenorganisationen zusammengeschlossen und sich auf gemeinsame Standards für eine unabhängige Selbsthilfearbeit geeinigt. Ansprechpersonen für Ihre Erkrankung finden Sie hier:
Internet www.achse-online.de
Telefon 030 3300708-0
E-Mail info@achse-online.de
Selbsthilfeorganisation:
Unsere Gesundheitsinformationen können Sie kostenlos herunterladen, ausdrucken und verteilen. Es gibt auch die Möglichkeit, diese bei Anbietern von Print on Demand auf hochwertigem Papier und in beliebiger Auflage kostenpflichtig ausdrucken zu lassen – wie zum Beispiel dem DDZ.
Diese Information wurde vom ÄZQ im Rahmen eines kooperativen Projektes mit der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) e. V. erstellt. Der Inhalt beruht auf aktuellen wissenschaftlichen Forschungsergebnissen und Empfehlungen für Betroffene von Betroffenen.
Hier finden Sie Dokumente zur Methodik, alle Quellen der Kurzinformation "Deletionssyndrom 22q11" sowie weiterführende Links.
Methodik
Aktualität
Diese Kurzinformation wurde im Juni 2023 veröffentlicht. Das nächste Update ist für 2027 vorgesehen.
Verwendete Quellen – Nachrecherche (06/2023)
Fachliteratur
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Blagojevic C, Heung T, Theriault M, et al. Estimate of the contemporary live-birth prevalence of recurrent 22q11.2 deletions: A cross-sectional analysis from population-based newborn screening. CMAJ Open 2021; 9(3):E802-E809. DOI: 10.9778/cmajo.20200294. www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/34404688
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Boot E, Óskarsdóttir S, Loo JC, et al. Updated clinical practice recommendations for managing adults with 22q11.2 deletion syndrome. Genet Med 2023; 25(3):100344. DOI: 10.1016/j.gim.2022.11.012. www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/36729052
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Buijs PC, Bassett AS, Boot E. Non-pharmacological treatment of psychiatric disorders in individuals with 22q11.2 deletion syndrome; a systematic review. Am J Med Genet A 2018; 176(8):1742–7. DOI: 10.1002/ajmg.a.38612. www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29363845
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Cortés-Martín J, Peñuela NL, Sánchez-García JC, et al. Deletion Syndrome 22q11.2: A Systematic Review. Children (Basel, Switzerland) 2022; 9(8). DOI: 10.1038/gim.2014.175. www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/36010058
Patienteninformation
- Rare Chromosome Disorder Support Group. 22q11.2 deletion syndrome (Velo-Cardio-Facial Syndrome). 2020 [cited: 2023-06-14]. https://rarechromo.org/media/information/Chromosome%2022/22q11.2%20deletion%20syndrome%20(Velo-Cardio-Facial%20Syndrome)%20FTNW.pdf
Weiterführende Links
Diese Auflistung ist eine Auswahl, sie wird fortlaufend ergänzt und ist nicht vollständig.
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