Morbus Osler – mehr als nur Nasenbluten

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Vielleicht blutet es oft einfach so aus Ihrer Nase, oder Sie haben kleine rote Punkte im Gesicht oder an den Händen bemerkt. Eventuell kennen Sie das schon von einem Elternteil. Dies können Hinweise auf die Krankheit Morbus Osler sein.

Diese Information unterstützt Sie, diese seltene, erbliche Erkrankung zu verstehen und gibt Ihnen Hilfen und Hinweise zum Umgang damit.

Auf einen Blick

Erkrankung

Morbus Osler ist eine seltene, erbliche Erkrankung. Manche Blutgefäße sind krankhaft erweitert. Sie können reißen, und es kommt zu Blutungen.

Anzeichen

Blutungen können überall auftreten. Besonders häufig blutet es aus Nase, Mund, Fingern, Magen oder Darm. Manchmal sind auch andere Organe betroffen, etwa Gehirn, Lunge oder Leber. Durch ein ärztliches Gespräch und eine körperliche Untersuchung lässt sich die Krankheit oft feststellen.

Behandlung

Behandlungen sind: Nasenpflege, Operationen, Medikamente oder Übertragung von Blut.

Die Erkrankung

Morbus ist lateinisch und bedeutet Krankheit. Osler hieß einer der Ärzte, der diese Krankheit früh erkannt hat. Es gibt viele Bezeichnungen für Morbus Osler wie etwa hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie. Bei dieser Erkrankung sind manche Blutgefäße krankhaft erweitert und sehr verletzlich. Sie reißen schneller und bluten dann. In der Regel sind nur einige Gefäße verändert, die meisten sind normal.

Nach Schätzungen ist etwa 1 von 5 000 Menschen betroffen. Morbus Osler wird vererbt: Ist ein Elternteil erkrankt, besteht eine Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent, dass auch das Kind erkrankt.

Anzeichen und Beschwerden

Die Erkrankung tritt häufig zwischen dem 12. und 30. Lebensjahr auf. 

Anzeichen können sein:

  • wiederkehrendes Nasenbluten ohne besonderen Anlass

  • rote Pünktchen im Gesicht, in der Nase, im Mund oder auf den Händen (siehe Foto)

  • fehlgebildete Gefäße bei inneren Organen, zum Beispiel Magen, Darm, Lunge, Leber oder Gehirn

  • leibliche Verwandte haben ebenfalls Morbus Osler

Morbus Osler kann den gesamten Körper betreffen, aber meist sind nur einige Organe beteiligt. Das kann zu Funktionsstörungen und inneren Blutungen führen. Sehr häufig blutet es aus Nase, Mund oder Fingern, oft auch in Magen oder Darm. Weitere Beschwerden können sein: erschwertes Atmen, Kopfschmerzen oder Sehstörungen. Manchmal treten gefährliche Komplikationen auf, wie ein Schlaganfall. Bei rechtzeitiger Behandlung leben Betroffene in der Regel genauso lange wie andere Menschen.

Der Verlauf ist ganz unterschiedlich, selbst bei Erkrankten in einer Familie: Einige merken keine oder nur schwache Zeichen. Andere sind etwa durch Nasenbluten so beeinträchtigt, dass sie ihren Alltag nicht bewältigen oder nachts kaum schlafen können. 

Untersuchungen

Oft lässt sich die Krankheit schon durch ein ärztliches Gespräch und eine körperliche Untersuchung feststellen. Meist folgen mehrere Untersuchungen, um nach fehlgebildeten Gefäßen zu suchen. Gerade für die Lunge ist das wichtig: Erweiterte Gefäße können hier lange Zeit unbemerkt bestehen, aber plötzlich zu Komplikationen führen. Wenn man sie früh erkennt und behandelt, kann man das meist verhindern. Wichtig ist, dass solche Untersuchungen auch vor oder zu Beginn einer Schwangerschaft erfolgen, da dann das Blutungsrisiko erhöht ist.

Die Behandlung

Morbus Osler ist nicht heilbar. Aber es gibt eine Vielzahl von Behandlungen, um Beschwerden zu lindern und Komplikationen zu vermeiden. Welche bei Ihnen angezeigt sind, hängt davon ab, wie sich die Krankheit äußert und welche Organe betroffen sind. 

Gegen Nasenbluten empfehlen Fachleute, die Schleimhaut gut zu pflegen und oft zu befeuchten. Hierfür können Sie Salben, Öle, Sprays, Spülungen und Gele einsetzen. Manchmal kann auch ein operativer Eingriff helfen. Man kann betroffene Gefäße mittels Laser oder elektrischer Techniken veröden. Diese Eingriffe müssen meist regelmäßig wiederholt werden. 

Reichen diese Behandlungen nicht aus, können bei Blutungen in Nase, Magen oder Darm Medikamente zum Einsatz kommen, zum Beispiel der Wirkstoff Tranexamsäure als Tablette. Unter anderem greift er in die Gerinnung ein. Als weitere Möglichkeit kommen dann Wirkstoffe in Betracht, die die Neubildung von Blutgefäßen hemmen. Mögliche Nebenwirkungen sollten Sie mit Ihrem Ärzteteam besprechen.

Um Blutverluste und Eisenmangel zu erkennen, empfehlen Fachleute allen betroffenen Erwachsenen regelmäßige Kontrollen der Blutwerte. Bei Blutarmut empfehlen Fachleute Mittel mit Eisen. Manchmal sind Blutübertragungen (Transfusionen) notwendig. 

Bei sehr schwerem Nasenbluten kann man erkrankte Stellen durch Haut von Oberschenkel oder Mund ersetzen. Dies wurde in einzelnen Krankenberichten beschrieben. Das führt jedoch zu trockenen Krusten in der Nase. Eine andere Möglichkeit ist, die Nase ganz zu verschließen. Einige empfinden das als lindernd, auch wenn man dann dauerhaft durch den Mund atmen muss und nichts mehr riechen kann. 

Fehlgebildete Gefäße der Lunge lassen sich über einen dünnen Schlauch (Katheter) verschließen. Auch andere Organe kann man so ähnlich behandeln. Allerdings sind einige Methoden bisher wenig erforscht.

Was Sie selbst tun können

  • Es ist empfehlenswert, ein Kompetenz-Zentrum oder eine Morbus-Osler-Sprechstunde aufzusuchen. Dort arbeiten erfahrene Fachleute. Selbsthilfe-Organisationen können Ihnen bei der Suche behilflich sein.

  • Fachärzte und Fachärztinnen – insbesondere für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde – kennen sich gut mit Nasenbluten aus. Hier können Sie nach einer Arztpraxis suchen: www.kbv.de/html/arztsuche.php.

  • Lernen Sie, Ihre Nase selbst zu tamponieren: Die Richtung ist möglichst waagerecht nach hinten. Fachleute empfehlen Nasentamponaden, die nur leicht anhaften, um beim Entfernen das Risiko für eine erneute Blutung gering zu halten.

  • Es kann helfen zu wissen, wo die nächste Toilette in der Öffentlichkeit ist. Ein Außensitzplatz im Theater oder Kino kann den Weg nach draußen erleichtern. Notfalls können Sie das Blut in einer dunklen Plastiktüte auffangen.

  • Wenn Sie Fragen zur Vererbung Ihrer Krankheit haben oder Ihr Blut oder das Ihrer Kinder auf veränderte Erbanlagen testen lassen möchten, gehen Sie zu einer humangenetischen Beratung. Dort erfahren Sie mehr über Nutzen und mögliche Nachteile eines Gentests, damit Sie in Ruhe entscheiden können. 

  • Achten Sie auf ausreichende Eisenzufuhr in Ihrer Ernährung. Vitamin C fördert die Eisenaufnahme. 

  • Falls Sie fehlgebildete Gefäße in der Lunge haben, können Bakterien leichter ins Blut gelangen. Informieren Sie Ihre Arzt- oder Zahnarztpraxis darüber. Sie bekommen dann ein Antibiotikum vor operativen Eingriffen. 

  • Oft hilft es, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen, etwa in Selbsthilfegruppen.

Dezember 2021, herausgegeben von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung

Mehr zum Thema

In der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) e. V. haben sich Patientenorganisationen zusammengeschlossen und sich auf gemeinsame Standards für eine unabhängige Selbsthilfearbeit geeinigt. Ansprechpersonen für Ihre Erkrankung finden Sie hier:

Internet www.achse-online.de
Telefon 030 3300708-0
E-Mail info@achse-online.de

Selbsthilfe-Organisation:

Unsere Gesundheitsinformationen können Sie kostenlos herunterladen, ausdrucken und verteilen. Es gibt auch die Möglichkeit, diese bei Anbietern von Print on Demand auf hochwertigem Papier und in beliebiger Auflage kostenpflichtig ausdrucken zu lassen – wie zum Beispiel dem DDZ.

Diese Information wurde vom ÄZQ im Rahmen eines kooperativen Projektes mit der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) e. V. erstellt. Der Inhalt beruht auf aktuellen wissenschaftlichen Forschungsergebnissen und Empfehlungen für Betroffene von Betroffenen.

Hier finden Sie Dokumente zur Methodik, alle Quellen der Kurzinformation "Morbus Osler" sowie weiterführende Links.

Methodik

Verwendete Quellen

Fachliteratur – Nachrecherche (Oktober / November 2021)

  • Faughnan ME, Mager JJ, Hetts SW, et al. Second International Guidelines for the Diagnosis and Management of Hereditary Hemorrhagic Telangiectasia. Ann Intern Med 2020; 173(12):989–1001. DOI: 10.7326/M20-1443. www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/32894695

Systematische Suche nach aggregierter Evidenz ab 2013:

  • Al-Samkari H. Hereditary hemorrhagic telangiectasia: Systemic therapies, guidelines, and an evolving standard of care. Blood 2021; 137(7):888–95. DOI: 10.1182/blood.2020008739. www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/33171488

  • Grigg C, Anderson D, Earnshaw J. Diagnosis and Treatment of Hereditary Hemorrhagic Telangiectasia. The Ochsner journal 2017; 17(2):157–61. www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28638289

  • Halderman AA, Ryan MW, Clark C, et al. Medical treatment of epistaxis in hereditary hemorrhagic telangiectasia: An evidence-based review. Int Forum Allergy Rhinol 2018; 8(6):713–28. DOI: 10.1002/alr.22094. www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29393992

  • Hsu Y-P, Hsu C-W, Bai C-H, et al. Medical Treatment for Epistaxis in Hereditary Hemorrhagic Telangiectasia: A Meta-analysis. Otolaryngol Head Neck Surg 2019; 160(1):22–35. DOI: 10.1177/0194599818797316. www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30200816

Weiterführende Links

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