Narkolepsie – mehr als nur müde

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Sie sind jeden Tag übermäßig müde und schläfrig, obwohl Sie ausreichend viel schlafen? Nicken Sie oft ein, ohne es zu wollen? Dies können Hinweise auf eine Narkolepsie sein. Hier erhalten Sie einen ersten Überblick über diese seltene Erkrankung.

Auf einen Blick

Erkrankung

Bei dieser Nerven-Erkrankung ist die Schlaf-Wach-Regulation gestört. Betroffene haben tagsüber ungewollt Schlafanfälle und die Muskeln können kurzzeitig erschlaffen.

Behandlung

Für alle Menschen mit Narkolepsie gehört zur Behandlung, Tagesschlafzeiten im Alltag einzuplanen. Weitere Verhaltensregeln und körperliche Bewegung können hilfreich sein. Die meisten Betroffenen benötigen zusätzlich Medikamente. Je nach Beschwerden kommen verschiedene Wirkstoffe in Frage.

Narkolepsie – was ist das?

Normalerweise regeln Botenstoffe im Gehirn das Wachsein am Tage und die nächtlichen Schlafphasen. Bei Menschen mit Narkolepsie ist diese geregelte Schlaf-Wach-Abfolge gestört.  

Nach Schätzungen sind etwa 3 von 10 000 Menschen von dieser "Schlafsucht" betroffen. Die genaue Ursache ist unklar. Man weiß aber, dass die körpereigene Abwehr eine Rolle spielt. Mit ausführlichen Gesprächen, zusätzlichen Fragebögen und Untersuchungen im Schlaflabor lässt sich eine Narkolepsie erkennen. Weitere Untersuchungen können helfen, andere Gründe für eine Schlafstörung auszuschließen.  

Die Erkrankung tritt vor allem zwischen dem 15. und 40. Lebensjahr auf. Manche sind schon im Kindesalter betroffen. Die Beschwerden können schleichend oder schlagartig beginnen. Im Verlauf der Jahre können neue Krankheitszeichen hinzukommen. In der Regel bleibt die Narkolepsie ein Leben lang bestehen. Die Lebenserwartung ist normal.

Anzeichen der Erkrankung

Typische Beschwerden bei Narkolepsie sind:  

  • übermäßige Schläfrigkeit am Tage: Dass man trotz ausreichend viel Schlaf vermehrt schläfrig ist, kann ein erster Hinweis auf die Krankheit sein. Diese Schläfrigkeit gilt dann als ein Merkmal für Narkolepsie, wenn sie mehr als 3 Monate lang täglich vorkommt.
  • ständiges, ungewolltes Einschlafen am Tage: Vor allem in eintönigen Situationen, wie Fernsehen, Lesen oder als Beifahrer im Auto, schlafen die Betroffenen gegen ihren Willen ein – für einige Minuten bis zu etwa einer Stunde. Dieses Einnicken wirkt sich auf den Alltag aus, zum Beispiel in der Schule oder im Beruf. Andere denken dann manchmal fälschlicherweise, dass man faul, unkonzentriert oder unzuverlässig ist. Das kann Menschen mit Narkolepsie seelisch sehr belasten.  
  • plötzliches Erschlaffen von Muskeln durch Gefühlsregungen (Kataplexie): Bei etwa 8 von 10 Betroffenen erschlaffen unkontrolliert und wiederholt die Muskeln für einige Sekunden bis zu etwa 2 Minuten. Die Betroffenen erleben das bewusst. Erschlaffen zum Beispiel die Beine, kann das zu Stürzen führen. Ausgelöst wird dies durch Gefühle wie Wut, Angst, Freude oder Lachen.

Weitere Anzeichen können hinzukommen: 

  • Schlaflähmungen: Beim Einschlafen oder Aufwachen kann man sich vorübergehend gar nicht bewegen.  
  • schlafbedingte Halluzinationen: falsche Wahrnehmungen beim Einschlafen oder Aufwachen, etwa Gestalten sehen oder Geräusche hören  
  • gestörter Nachtschlaf: leichter Schlaf, häufiges Aufwachen, stundenlanges Wachliegen, Albträume  
  • automatisches Verhalten: Alltägliche Handlungen werden unbewusst beim Einnicken fortgeführt, zum Beispiel Essen oder Schreiben.

Behandlungen

Es gibt gute Behandlungsmöglichkeiten, um Beschwerden zu lindern und Ihnen den Alltag zu erleichtern. Heilen lässt sich die Erkrankung nicht.  

Verhaltensänderungen:

Wichtig ist, dass Sie Tagesschlafzeiten einplanen und in ärztlicher Absprache bestimmte Verhaltensweisen erlernen, um den Alltag besser bewältigen zu können. Dabei kann eine Verhaltenstherapie helfen. Auch bei seelischen Belastungen können Sie Unterstützung erhalten.  

Medikamente:

Wenn die Verhaltensänderungen nicht ausreichen, können zusätzlich verschiedene Medikamente zum Einsatz kommen. Welches Mittel Sie erhalten, richtet sich vor allem nach Ihren Beschwerden. Auch mögliche Begleiterkrankungen spielen eine Rolle. Die Medikamente wirken nicht bei jedem gleich. Es ist möglich, dass das gleiche Mittel bei dem einen vor allem die Schläfrigkeit verbessert und bei einem anderen hauptsächlich gegen die Kataplexien hilft. Die Ärztin oder der Arzt passt die Behandlung an Ihre persönliche Situation an.  

Bei erhöhter Tagesschläfrigkeit empfehlen Fachleute wachheitsfördernde Mittel (Stimulanzien). Studien weisen darauf hin, dass viele Betroffene dadurch tagsüber weniger müde sind. Bei Narkolepsie sind zurzeit vier dieser Mittel für Erwachsene zugelassen. In der Regel kommt zuerst Modafinil, Pitolisant oder Natrium-Oxybat zum Einsatz. Regelmäßige ärztliche Kontrollen sind ratsam, da die Mittel Nebenwirkungen haben können und bei manchen mit der Zeit die Wirkung nachlassen kann. Zudem können bei Kataplexien, Schlaflähmungen und Halluzinationen Mittel gegen Depression (Antidepressiva) in Frage kommen. Zur Behandlung der Narkolepsie sind die meisten bislang nicht zugelassen.

Forschergruppen prüfen in Studien weitere Wirkstoffe. 

Was Sie selbst tun können

  • Fachärzte und Fachärztinnen – insbesondere für Neurologie – mit der Zusatzbezeichnung "Schlafmedizin" kennen sich am besten mit Narkolepsie aus. Hier können Sie nach einer Arztpraxis suchen: www.arztsuche.kbv.de.

  • Fachleute empfehlen, sich nachts an feste Schlaf und Aufstehzeiten zu halten – auch an freien Tagen. Dies kann Ihren Nachtschlaf verbessern.  
  • Es kann helfen, tagsüber ein- bis zweimal bewusst kurz zu schlafen. Anschließend sind Sie weniger müde und leistungsfähiger.  
  • Vor Situationen, die hohe Konzentration erfordern, kann es helfen, gezielt Koffein zu sich zu nehmen, etwa Kaffee, schwarzen Tee oder Cola.  
  • Es ist ratsam, sich zu beobachten. Als Hilfe können Sie Ihre Schlafzeiten notieren. Dadurch erhalten Sie einen Überblick über Ihren Schlaf-Wach-Rhythmus.  
  • Versuchen Sie, regelmäßig körperlich aktiv zu sein. Bewegung und Sport sind gut gegen Müdigkeit. Probieren Sie aus, was Ihnen hilft.  
  • Sollte Ihnen ein ärztlicher Eingriff bevorstehen, teilen Sie Ihrem Behandlungsteam mit, dass Sie Narkolepsie haben. Die Fachleute können sich dann besser auf die Situation vorbereiten. Sagen Sie auch, welche Medikamente Sie dauerhaft einnehmen. Für die Behandelnden ist es wichtig zu wissen, dass Sie möglicherweise beim Aufwachen aus einer Narkose vorübergehend nicht reagieren können.  

  • Es kann hilfreich sein, offen über Ihre Erkrankung zu reden. Wägen Sie im Einzelfall ab. Tipps und Unterstützung können Sie in Selbsthilfegruppen bekommen. Dort können Sie sich mit anderen Betroffenen austauschen.

März 2019, herausgegeben von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung

Mehr zum Thema

In der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) e. V. haben sich Patientenorganisationen zusammengeschlossen und sich auf gemeinsame Standards für eine unabhängige Selbsthilfearbeit geeinigt. Ansprechpersonen für Ihre Erkrankung finden Sie hier:

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Telefon 030 3300708-0
E-Mail info@achse-online.de

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Diese Information wurde vom ÄZQ im Rahmen eines kooperativen Projektes mit der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) e. V. erstellt. Der Inhalt beruht auf aktuellen wissenschaftlichen Forschungsergebnissen und Empfehlungen für Betroffene von Betroffenen.

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Methodik

Verwendete Quellen

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