Testosteron bei älteren Männern

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Testosteron ist das wichtigste männliche Geschlechtshormon. Mit zunehmendem Alter sinkt es bei Männern. Das ist ein ganz normaler Vorgang im Körper. Er löst in der Regel keine Beschwerden aus. Trotzdem war in den letzten Jahren viel von "männlichen Wechseljahre" die Rede – auch als "Testosteron-Mangel im Alter" bezeichnet.

Vielleicht fragen Sie sich, ob Sie Ihre Testosteron-Werte bestimmen lassen sollten. Oder Sie haben erfahren, dass Ihre Testosteron-Werte niedrig sind und Sie überlegen, ob Sie zusätzliches Testosteron brauchen.

In dieser Information erfahren Sie, wie Testosteron wirkt und warum Testosteron-Mittel nur in seltenen Fällen empfehlenswert sind.

Auf einen Blick

Das Geschlechtshormon Testosteron prägt unter anderem die männlichen Körper-Merkmale aus. Mit zunehmendem Alter bildet der Körper bei den meisten Männern weniger Testosteron. Das ist normal und keine Krankheit. Testosteron-Mittel sind keine Lifestyle-Medikamente: Sie führen nicht zu einem gesünderen und längeren Leben. Sie können mit Nebenwirkungen verbunden sein.

Was ist Testosteron?

Testosteron wird vor allem in den Hoden gebildet und beeinflusst viele Vorgänge im Körper:

  • die Entwicklung der männlichen Geschlechtsorgane wie Hoden und Penis

  • den typischen männlichen Körperbau mit stärkeren Muskeln, tiefer Stimme und Bart

  • die Bildung der Spermien

  • das sexuelle Interesse

Testosteron-Werte im Alter

Ab einem Alter von 30 Jahren bilden Männer langsam, aber stetig weniger Testosteron. Das ist normal und kein Grund zur Besorgnis. Man spürt davon meist nichts. Dennoch werden "niedrigen" Testosteron-Werten folgende Beschwerden zugeschrieben:

  • Antriebsschwäche

  • weniger Muskelkraft, mehr Fettgewebe

  • die sexuelle Lust nimmt ab, Erektionsstörungen

  • Hitzewallungen

  • die Knochendichte nimmt ab (Osteoporose)

Doch diese Beschwerden sind meist die Folge von Stress oder natürlichem Altern. Oder andere Erkrankungen sind die Ursache dafür. Sie treten auch bei normalem Testosteron-Werten auf. Und es ist gar nicht so leicht festzustellen, ab wann ein Testosteron-Wert so niedrig ist, dass sich eine Behandlung lohnen könnte. 

Den Testosteron-Wert bestimmen

Der Testosteron-Wert wird aus dem Blut bestimmt und in Nanomol pro Liter angegeben (Abkürzung: nmol/l). Viele Dinge beeinflussen ihn:

  • Der Wert ist von Mann zu Mann unterschiedlich.

  • Er verändert sich im Tagesverlauf. So ist er zum Beispiel morgens höher als nachmittags.

  • Er ist abhängig vom Alter.

  • Der Wert kann von Labor zu Labor schwanken.

  • Er kann zum Beispiel erniedrigt sein bei: Schlafmangel, Leberschäden, starker Unterernährung, Doping oder Einnahme von Drogen.

Als Orientierung für einen "normalen" Bereich kann ein Wert zwischen etwa 10 und 40 nmol/l dienen. Viele Umstände können jedoch den gemessenen Wert beeinflussen. Daher ist es wichtig, einen "zu niedrigen" Wert mit einer zweiten Messung zu kontrollieren. 

Krankhafter Testosteron-Mangel

Selten können bei Jungen und jüngeren Männern ernsthafte Erkrankungen dazu führen, dass der Körper zu wenig Testosteron bildet. Entweder setzt die Geschlechtsreife (Pubertät) nicht ein oder die männlichen Merkmale bilden sich wieder zurück. Dann erhalten Betroffene Testosteron als Gel, Pflaster oder als Spritze, um den Mangel auszugleichen. 

Testosteron-Mittel im Alter: Nutzen und Schaden

Immer häufiger bekommen gesunde Männer mit altersüblichen Beschwerden Testosteron, weil dessen Wert vermeintlich zu "niedrig" ist. Hersteller bewerben ihre Mittel sehr stark und versprechen mehr Jugendlichkeit, Manneskraft sowie ein besseres und längeres Leben. Aber nach den vorhandenen Studien ist es zweifelhaft, ob Testosteron-Mittel Abhilfe schaffen können. Fachleute haben alle Studien zu dieser Frage ausgewertet. Zusammenfassend stellen sie fest: 

  • Testosteron-Mittel verlängern nicht das Leben.

  • Sie verbessern geringfügig die Sexualität.

  • Sie verbessern nicht die körperliche Fitness.

  • Sie verbessern nicht die Gesundheit im Alter, psychische Beschwerden oder das Gedächtnis. 

  • Es gibt widersprüchliche Ergebnisse zu Herz-Kreislauf-Schäden: Einige deuten auf ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte und Gefäßschäden hin, andere beobachten keinen Unterschied. 

  • Es gibt keine Hinweise, dass sich der Blutzucker, das Gewicht oder die körperliche Verfassung bei älteren Männern mit Diabetes oder metabolischem Syndrom (Blutzucker, Blutfette und/oder Blutdruck erhöht, Fettleibigkeit) verbessern. 

Der Nutzen war ausgeprägter, wenn die Hersteller die Studien finanziert hatten. In anderen Studien fand sich oft kein Vorteil. Zudem waren die meisten Studien ungeeignet, um Nebenwirkungen zu beurteilen.  

Zu den Nebenwirkungen von Testosteron gehören: Verdickung des Blutes mit erhöhter Gefahr für Blutgerinnsel (Thrombosen), erhöhte Blutfette, Kopfschmerzen, Prostata-Beschwerden, Brust-Schwellung, Stimmungsschwankungen und Bluthochdruck.

Was Sie selbst tun können

  • Machen Sie sich bewusst: Im Alter bildet der Körper weniger Testosteron. Das ist normal.

  • Solange Sie keine Beschwerden haben, sollten Sie Ihren Testosteron-Wert nicht gezielt untersuchen lassen.

  • Selbst wenn Ihr Testosteron-Wert niedrig ist, hat ein Testosteron-Mittel vermutlich keinen Nutzen. Es ist kein Lifestyle-Medikament, das Jugendlichkeit und Männlichkeit zurückbringt.

  • Bei sehr starken Beschwerden und niedrigem Testosteron-Wert können Sie mit der Ärztin oder dem Arzt besprechen, ob Testosteron-Mittel möglicherweise in Frage kommen.

  • Empfinden Sie Ihr Sexualleben als beeinträchtigt, sprechen Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt an. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Ihnen zu helfen.

  • Einigen Beschwerden können Sie gut durch Sport und Bewegung entgegenwirken.

  • Bei manchen Beschwerden kann auch eine gesunde Lebensführung helfen. Dazu gehören neben Bewegung: eine ausgewogene Ernährung, ein gesundes Körpergewicht, Verzicht auf Rauchen und wenig Alkohol. 

Juni 2021, herausgegeben von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung

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Methodik

Verwendete Quellen

Fachliteratur

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