Patientenleitlinie: Kreuzschmerz
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Kombinierte (multimodale) Behandlungsprogramme und Rehabilitation

Was heißt "multimodal"?

Ein multimodales Behandlungsprogramm vereint unterschiedliche Behandlungsansätze. Ein Schwerpunkt liegt immer auf der Bewegung, daneben können psychologische Therapieangebote, Schmerzbehandlung mit Medikamenten, Schulungen, Maßnahmen zur Stressbewältigung und anderes eine Rolle spielen. Das heißt, ein multimodales Programm bietet Ihnen verschiedene "Bausteine", die miteinander kombiniert und eng verzahnt sind. Wichtig ist, dass Ihre Ärztin mit Ihnen zusammen die Angebote auswählt, die Ihren Bedürfnissen und Voraussetzungen am besten entsprechen.

An einem multimodalen Behandlungsprogramm können Sie im Rahmen einer Schmerztherapie (kurativ, Krankenhausbehandlung) oder einer Rehabilitation (rehabilitativ, medizinische Reha) teilnehmen. Beide Verfahren sind zur Behandlung von Kreuzschmerzen geeignet. Das Ziel einer Rehabilitation ist es unter anderem, Behinderung und Pflegebedürftigkeit zu verhindern oder zu vermindern. Außerdem unterstützt sie Menschen, im Erwerbsleben zu bleiben oder dorthin zurückzukehren. Ein besonderes Angebot ist dabei eine sogenannte medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation (MBOR).

Bei einer Schmerztherapie steht die Behandlung der Schmerzkrankheit an sich im Vordergrund. Sie kann zum Beispiel angebracht sein, wenn sich die Beschwerden in den letzten sechs Monaten verschlechtert haben oder Betroffene immer mehr Medikamente gegen die Schmerzen benötigen. Auch für Menschen, die seelische Belastungen oder Erkrankungen haben sowie eine enge ärztliche Betreuung brauchen, kann eine Schmerztherapie ratsam sein.

Ein multimodales Programm dauert mehrere Wochen. Üblicherweise findet es in kleinen Gruppen von ungefähr acht Personen statt. Die Behandlungen sind im häuslichen Umfeld mit regelmäßigen Terminen (ambulant) oder nur tagsüber in einer Klinik und abends zu Hause (teilstationär) oder in einer Klinik (stationär) möglich. Was für ein Angebot für Sie infrage kommt, sollten Sie mit Ihrem Arzt besprechen.

Bevor Ihre Ärztin Ihnen ein multimodales Programm empfiehlt, muss sie ausschließen, dass die Kreuzschmerzen andere, dringend behandlungsbedürftige Ursachen haben (siehe dazu auch Kapitel "Warnhinweise").

Eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Teilnahme ist auch, dass Sie bereit und in der Lage sind, aktiv mitzuwirken.

Die Leitlinie empfiehlt:
Menschen mit subakuten oder chronischen Kreuzschmerzen sollen ein kombiniertes (multimodales) Behandlungsprogramm erhalten, wenn andere weniger intensive Verfahren nicht wirksam genug sind.

Mehrere Studien mit guter Qualität zeigen, dass multimodale Programme bei chronischen Kreuzschmerzen wirksamer Schmerzen lindern können als eine Behandlungsform allein. Sie fördern auch die körperliche Funktionsfähigkeit und die Rückkehr in den Beruf oder in den geregelten Alltag.

Praktische Hinweise zur Rehabilitation

Als Rehabilitation bezeichnet man alle medizinischen, psychotherapeutischen, sozialen und beruflichen Leistungen, die eine Wiedereingliederung in Familie, Gesellschaft und Berufsleben zum Ziel haben – zum Beispiel nach einer Krankheit oder einem Unfall. Diese Leistungen sollen das Leben mit krankheitsbedingten Problemen erleichtern, damit Sie wieder bestmöglich am normalen Leben teilhaben können.

Eine Rehabilitation müssen Sie bei den Rehabilitationsträgern beantragen – in der Regel sind das der DRV (Deutsche Rentenversicherung Bund, www.deutsche-rentenversicherung-bund.de) oder die GKV (Gesetzliche Krankenversicherung, www.gkv.info).

Tipps zur medizinischen Rehabilitation:
  • Die Kassenärztliche Bundesvereinigung bietet im Internet eine Liste mit Vertragsärzten und Vertragsärztinnen an, die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation verordnen dürfen. Diese Liste finden Sie unter folgendem Link: www.kbv.de/arztsuche/11078.html.

  • Unterstützung bei der Auswahl des Trägers und der Antragsstellung erhalten Sie bei sogenannten Reha-Servicestellen. Es gibt sie in allen Bundesländern. Die Adressen finden Sie hier: www.reha-servicestellen.de.

  • Ausführliche Informationen zu rechtlichen Grundlagen, Leistungsumfang, Beantragung und Finanzierung finden Sie unter: www.deutsche-rentenversicherung.de.

Wie geht es nach einer multimodalen Therapie weiter?

Entscheidend für den Erfolg der multimodalen Therapie ist, dass Sie das Gelernte auch im Alltag beibehalten und selbstständig weiterführen. Das können Übungen zur Bewegung sein, aber auch Entspannungsverfahren oder Verhaltensänderungen. Eigeninitiative und Verantwortungsgefühl können auch in Selbsthilfegruppen gefördert werden (siehe Kapitel "Wo Sie weitere Informationen, Rat und Unterstützung finden"). Schon während einer multimodalen Behandlung entwickeln Ihre Betreuer mit Ihnen zusammen einen Plan für die Zeit danach. Spezielle Nachsorgeprogramme helfen Ihnen zudem dabei, gesundheitsförderndes Verhalten auch langfristig anzuwenden. Sie finden üblicherweise in halbjährlichen Abständen statt. Nach einer Reha-Behandlung kann eine Zeitlang noch eine engmaschigere Nachbehandlung erfolgen.

 Die Leitlinie 
Die Vorbereitung der Zeit nach der Behandlung soll nach Meinung der Expertengruppe Teil des Therapieplans sein. Wichtigstes Ziel ist dabei, dass Sie Inhalte der Behandlung im Alltag selbstständig durchführen und wiederholen.

Berufliche Wiedereingliederung und Nachsorge

Gerade bei Menschen mit chronischen Kreuzschmerzen ergeben sich im Verlauf oft Phasen von Arbeitsunfähigkeit. Deshalb ist die Expertengruppe der Meinung, dass Ihr Arzt Sie dabei unterstützen soll, nach Abschluss einer multimodalen Behandlung und/oder Rehabilitation wieder in Alltag und Berufsleben zurückzufinden. Gemeinsam sollten Sie den Wiedereinstieg frühzeitig planen und auch den Arbeitgeber einbeziehen. Dabei spielt eine wichtige Rolle, wie leistungsfähig Sie nach der Erkrankung sind. Um Ihnen den Einstieg zu erleichtern und den Übergang möglichst gut zu gestalten, gibt es verschiedene Möglichkeiten:

Stufenweise Wiedereingliederung ("Hamburger Modell")

Nach längerer Arbeitsunfähigkeit bietet die sogenannte stufenweise Wiedereingliederung Ihnen die Möglichkeit, sich schrittweise wieder an ein normales Arbeitspensum zu gewöhnen. Dabei können Sie zum Beispiel mit zwei Arbeitsstunden täglich beginnen und die Arbeitszeit wöchentlich um weitere zwei Stunden steigern. Oder Sie steigen mit ein bis zwei Arbeitstagen pro Woche ein. Jede darauf folgende Woche kommt dann ein weiterer Arbeitstag hinzu. Genaue Art und Umfang der Wiedereingliederung richten sich unter anderem nach Schwere und Inhalt der Arbeit. Sie müssen diese Maßnahme mit einem Formblatt beantragen. Sie, Ihr Arbeitgeber und Ihre Krankenkasse müssen dazu ihr Einverständnis geben. Während der Wiedereingliederung sind Sie weiterhin krankgeschrieben.

Berufliche Rehabilitation

Wenn die Rückkehr an Ihren bisherigen Arbeitsplatz nicht mehr möglich erscheint, kann eine berufliche Rehabilitation infrage kommen. Darunter versteht man Leistungen, welche die Teilnahme am Arbeitsleben fördern: zum Beispiel Umschulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen oder die Übernahme von Kosten für eine ergonomische Veränderung am Arbeitsplatz. Ihr Arbeitgeber kann auch Zuschüsse dafür erhalten, dass er Sie in einem neuen Arbeitsfeld einsetzt. Als Träger für solche Leistungen kommen infrage: die Agentur für Arbeit, der Rentenversicherungsträger oder die Berufsgenossenschaft.

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)

Arbeitgeber sind verpflichtet, ihren Beschäftigten ein sogenanntes Eingliederungsmanagement anzubieten, wenn sie im Laufe des letzten Jahres sechs Wochen ununterbrochen oder mehrmals arbeitsunfähig waren. Für Arbeitsnehmer ist die Teilnahme freiwillig. Dabei geht es darum herauszufinden, durch welche Maßnahmen der Betrieb Sie dabei unterstützen kann, ins Berufsleben zurückzukehren. Wenn Sie es wünschen, können neben einem Vertreter des Arbeitgebers auch ein Vertreter des Personal- oder Betriebsrats oder ein Betriebsarzt an einem Gespräch darüber teilnehmen. Sie werden von Ihrem Arbeitgeber dazu schriftlich eingeladen.

Mehr Informationen finden Sie in der kostenlosen Broschüre "Schritt für Schritt zurück in den Job" des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales:
www.bmas.de/DE/Service/Medien/Publikationen/a748-betriebliche-eingliederung.html.

2. Auflage, November 2017. Version 1

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Für diese Information haben wir die Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL) Kreuzschmerz genutzt. Diese ist für Ärztinnen, Ärzte und andere medizinische Fachleute gedacht.

Selbsthilfegruppen in Ihrer Nähe finden Sie am besten über die örtlichen Selbsthilfekontaktstellen, die es überall in Deutschland gibt. Deren Adresse erhalten Sie bei NAKOS:

Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS)

Otto-Suhr-Allee 115
10585 Berlin
Telefon: 030 31018960
Fax: 030 31018970
E-Mail: selbsthilfe@nakos.de
Internet: www.nakos.de

Ein weiterer Anlaufpunkt ist die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe (BAG-S). Sie ist die Dachorganisation von über 100 Organisationen behinderter und chronisch kranker Menschen und ihrer Angehörigen. Sie vertritt die Interessen der Betroffenen und setzt sich für ihre Belange ein.

Bundesarbeitsgemeinschaft SELBSTHILFE von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e. V. (BAG SELBSTHILFE e. V.)

Kirchfeldstraße 149
40215 Düsseldorf
Telefon: 0211 31006-0
Telefax: 0211 31006-48
E-Mail: info@bag-selbsthilfe.de
Internet: www.bag-selbsthilfe.de

Weitere Anlaufstellen und Informationsquellen

  • Alle Informationen rund um die Nationale VersorgungsLeitlinie Nicht-spezifischer Kreuzschmerz finden Sie unter www.leitlinien.de/nvl/kreuzschmerz

  • Ausführliche und kurze sowie fremdsprachige Informationen zu Kreuzschmerzen finden Sie unter www.patienten-information.de, einer Website des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ).

  • Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bietet ebenfalls unabhängige Informationen zu Kreuzschmerz: www.gesundheitsinformation.de.

  • Bei Fragen können Sie sich auch an die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) wenden. In Beratungsstellen vor Ort und über ein Beratungstelefon werden Sie beraten. Bundesweites kostenloses Beratungstelefon: 0800 0117722. Im Internet unter: www.unabhaengige-patientenberatung.de.

  • Wenn Sie selbst oder Angehörige an Morbus Bechterew oder an einer verwandten entzündlichen Wirbelsäulenerkrankung leiden, kann die Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew e. V. für Sie eine hilfreiche Anlaufstelle und ein Netzwerk zur Selbsthilfe sein. Alle Informationen finden Sie unter:
    www.bechterew.de.

  • Falls Sie noch keine Hausarztpraxis haben oder sich vielleicht eine neue suchen möchten: Über die bundesweite Arztsuche der Kassenärztlichen Bundesvereinigung finden Sie eine Ärztin oder einen Arzt in Ihrer Nähe unter: www.kbv.de/arztsuche/11014.html.

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