Patientenleitlinie: Chronische Koronare Herzkrankheit (KHK)
Patientenleitlinie KHK - Titelbild

Operative Eingriffe

Es gibt zwei unterschiedliche Möglichkeiten für einen operativen Eingriff an den Herzkranzgefäßen. Zum einen können die Blutgefäße mit der Hilfe von Drahtgittern (Stents) offengehalten werden. Zum anderen kann man die Engstellen mit der Hilfe anderer Blutgefäße operativ "überbrücken" (Bypass). Beide Verfahren haben Vor- und Nachteile.

Im Folgenden stellen wir Ihnen die beiden Behandlungsmöglichkeiten zunächst im Detail vor. Anschließend gehen wir auf die verschiedenen Entscheidungssituationen ein, die auf Sie zukommen könnten.

Was sind Stents?

Stents sind dünne Röhrchen aus Drahtgeflecht, die verengte Stellen im Blutgefäß offenhalten und so für bessere Durchblutung sorgen. Eine dünne Sonde (Katheter) wird über eine Arterie von der Leiste oder vom Arm aus durch die Hauptschlagader bis zur verengten Stelle der Herzkranzarterie vorgeschoben (siehe auch Kapitel "Wie läuft eine Herzkatheter-Untersuchung ab?"). An seiner Spitze sitzen ein kleiner Ballon und der Stent. Die Engstelle wird mit einem kleinen Ballon geweitet (Ballondilatation) und der Stent eingesetzt. Das Blut kann wieder besser durch das Gefäß fließen.

Abbildung 5: Einsetzen eines Stents
(zum Vergrößern Abbildung bitte anklicken)

Abbildung 6: Plaque mit und ohne Stent
(zum Vergrößern Abbildung bitte anklicken)

Bitte beachten:
In Notfällen, etwa bei einem Herzinfarkt, sind Stents die Behandlung der Wahl.

Wie läuft eine Bypass-Operation ab?

Während einer Operation am Herzen werden verengte Blutgefäße überbrückt. "Bypass" ist englisch und bedeutet: Umgehung. Nach Eröffnung des Brustbeins werden durch eine Operation am offenen Herzen verengte Blutgefäße überbrückt. Dazu wird körpereigenes Gewebe verwendet. Meist kommt dabei eine Herz-Lungen-Maschine zum Einsatz. Auch nach der Operation nehmen Sie dauerhaft Medikamente ein.

Eine wichtige Voraussetzung für die Operation ist eine Herzkatheter-Untersuchung.

Die Leitlinie empfiehlt:

Wenn für Sie eine Bypass-Operation nicht in Frage kommt – sei es aus persönlicher oder ärztlicher Sicht – dann sollen Sie keine Herzkatheter-Untersuchung erhalten, nur um die verengten Herzgefäße darstellen zu lassen.

Ihr Ärzteteam kann Ihnen nun statt der Bypass-Operation anbieten, Stents in betroffene Gefäße einzusetzen.

Die Behandlungsmöglichkeiten der stabilen KHK im Überblick

Medikamente werden für alle Menschen mit KHK empfohlen. Unter Umständen kommt für Sie zusätzlich ein operativer Eingriff an den Herzkranzgefäßen als Behandlungsmöglichkeit in Betracht.

Die Vor- und Nachteile eines zusätzlichen operativen Eingriffs finden Sie in der folgenden Tabelle übersichtlich dargestellt. Gemeinsam mit Ihrer Ärztin können Sie entscheiden, welches Vorgehen für Sie am besten geeignet ist. Dabei spielen Ihre persönlichen Wünsche, die Beschaffenheit Ihrer Herzgefäße, Begleiterkrankungen und Ihre allgemeine gesundheitliche Verfassung eine Rolle.

Tabelle 4: Behandlungsmöglichkeiten bei stabiler KHK

Medikamente Herzkatheter-Untersuchung mit anschließendem Eingriff (Stents oder Bypass)
Wie läuft die Behandlung ab? Sie nehmen regelmäßig mehrere Tabletten ein. In der ersten Zeit kontrolliert der Arzt oder die Ärztin: Schlägt die Behandlung an? Wenn nötig, wird die Behandlung angepasst.

Für die Untersuchung erhalten Sie ein Kontrastmittel. Eine dünne Sonde (Katheter) wird über einen Einstich in der Leiste oder am Handgelenk ins Herz geführt. Danach entscheidet sich, ob es günstiger ist, Stents zu setzen oder eine Bypass-Operation vorzunehmen.

Bei Stents wird das verengte Gefäß über einen Katheter mit einem Ballon geweitet und ein Drahtgitter (Stent) eingesetzt.

Bei einem Bypass werden in einer Operation am offenen Herzen verengte Blutgefäße überbrückt. Meist kommt dabei eine Herz-Lungen-Maschine zum Einsatz.
Lindert die Behandlung Beschwerden? Bei 79 von 100 Behandelten lindern Medikamente die Beschwerden dauerhaft. 21 von 100 entschließen sich zu einem operativen Eingriff, weil die Beschwerden nicht nachlassen. Bei etwa 84 von 100 Behandelten lindern Stents oder Bypass die Beschwerden dauerhaft. Bei etwa 16 von 100 wird ein erneuter Eingriff notwendig. Dann haben sich Stents zugesetzt. Oder es sind neue Engstellen entstanden.
Senkt die Behandlung das Risiko für einen Herzinfarkt?

Innerhalb von 5 Jahren kommt es etwa gleich häufig zu Herzinfarkten.

Allerdings treten nach einem Herzkatheter-Eingriff im ersten halben Jahr mehr Infarkte auf. Dafür werden es später weniger. Bei Medikamenten ist es genau umgekehrt.
Verlängert die Behandlung mein Leben?

Für viele Menschen ist die Lebenserwartung etwa gleich.

In folgenden Situationen kann eine Bypass-Operation lebensverlängernd wirken:

  • Sie haben eine Herzschwäche.
  • Der Hauptstamm der linken Herzkranzarterie ist betroffen (Hauptstammstenose).
  • Sie haben Diabetes.
  • Sie haben eine ausgeprägte KHK.
Dann kann eine Bypass-Operation nach etwa 4 Jahren 3 bis 5 Todesfälle pro 100 Operierten verhindern. Voraussetzung ist, dass Sie körperlich fit genug sind. Ob Stents vorteilhaft sind, wenn eine Operation nicht in Frage kommt, weiß man nicht.
Welche schweren Komplikationen können auftreten?

Nebenwirkungen der Medikamente können Sie bei jeder Behandlung bekommen. Denn auch nach einem Stent- oder Bypass-Eingriff empfehlen Fachleute, regelmäßig Medikamente einzunehmen.

Keine zusätzlichen Komplikationen 

Nach dem Einsetzen von Stents können Sie den Alltag nach wenigen Tagen wieder aufnehmen. Nach einer Bypass-OP sind Sie körperlich länger eingeschränkt.

Schränkt mich die Behandlung in meinem Alltag ein?


 

Für eine optimale Behandlung ist wichtig, dass Sie regelmäßig Ihre Medikamente einnehmen und Ihre Kontrolltermine wahrnehmen.
Keine zusätzlichen Einschränkungen Nach dem Einsetzen von Stents können Sie den Alltag nach wenigen Tagen wieder aufnehmen. Nach einer Bypass-OP sind Sie körperlich länger eingeschränkt.

Herzkatheter-Untersuchung notwendig?

Nein Ja
* Die regelmäßige Einnahme der verordneten Medikamente kann manchmal Herzinfarkte und Herztode verhindern: Studien haben gezeigt: Innerhalb von 5 Jahren wurden im Vergleich zu einem Scheinmedikament etwa 3 von 100 Menschen durch Blutfettsenker (Statine) vor einem Herzinfarkt oder Herztod bewahrt. Gerinnungshemmer (zum Beispiel ASS) konnten Herzinfarkt oder Herztod nach 2 Jahren bei etwa 4 von 100 Menschen verhindern. Bei stark erhöhtem Risiko für Folgeerkrankungen ist der Nutzen größer.

Für wen kann ein operativer Eingriff geeignet sein?

Im Verlauf der Behandlung mit Medikamenten kommt es innerhalb von 3 Jahren bei etwa jedem fünften Menschen mit stabiler KHK trotz zuverlässiger Einnahme aller ärztlich verordneten Medikamente zu andauernden Beschwerden. Wenn die Medikamente die Beschwerden nicht mehr ausreichend lindern, kann Ihnen ein operativer Eingriff helfen.

Bei manchen Betroffenen mit ausgeprägter stabiler KHK oder bestimmten Begleiterkrankungen wie Herzschwäche oder Diabetes kann eine Bypass-Operation lebensverlängernd wirken. In diesen Situationen kann ein operativer Eingriff auch dann in Betracht kommen, wenn die Medikamente die Beschwerden gut lindern. Spricht Ihre körperliche Verfassung gegen eine Operation, können alternativ Stents in Frage kommen. Ob Stents hier auch lebensverlängernd wirken können, weiß man nicht.

Ihnen kann also aus den folgenden Situationen heraus ein Eingriff an Ihren Herzkranzgefäßen angeboten werden:

  • Eingriff zur Verbesserung der Prognose: Sie haben die Diagnose "stabile KHK" erhalten und bei Ihnen besteht, etwa aufgrund weiterer Erkrankungen, die Möglichkeit mit einer Operation, Ihre Überlebensaussicht zu verbessern.
  • Eingriff zur Verbesserung der Beschwerden: Sie haben schon länger eine stabile KHK, merken nun aber, dass Ihre Medikamente nicht mehr ausreichend wirken, obwohl Sie sie wie ärztlich verordnet einnehmen.

Kommt für Sie ein operativer Eingriff grundsätzlich in Frage, dann führt Ihr Ärzteteam zunächst eine Herzkatheter-Untersuchung bei Ihnen durch (siehe Kapitel "Brauchen Sie eine Herzkatheter-Untersuchung?"). Diese Untersuchung dient zum Beurteilen der verengten Gefäßstellen oder als Vorbereitung für eine mögliche Bypass-Operation. Zudem können unter Umständen auch gleich Stents während der Untersuchung eingesetzt werden.

Eingriff zur Verbesserung der Prognose: Stents einsetzen oder erst mal abwarten?

Ihnen steht eine Herzkatheter-Untersuchung bevor, um zu prüfen, ob eine Bypass-Operation für Sie vorteilhaft ist und Ihre Herzgefäße dafür geeignet sind. Dabei kann sich herausstellen, dass keine Bypass-Operation in Frage kommt. In dieser Situation gibt es dann die Möglichkeit, sich gleich Stents in verengte Gefäße einsetzen zu lassen oder es vorerst nur bei der Einnahme von Medikamenten zu belassen.

Um diese Entscheidung treffen zu können, sollen Sie nach Meinung der Expertengruppe vor der geplanten Untersuchung mittels folgender Entscheidungshilfe beraten werden "KHK – Stents einsetzen bei einer Herzkatheter-Untersuchung?": www.patienten-information.de/patientenblaetter/khk-stents-einsetzen.

Verlässliche Studien haben gezeigt, dass Stents in dieser Situation im Vergleich zur alleinigen Behandlung mit Medikamenten das Risiko für Herzinfarkte nicht senken und die Lebenserwartung nicht erhöhen können.

Ziel ist, dass Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt entscheiden, ob während der Herzkatheter-Untersuchung gleich Stents eingesetzt werden sollen, oder zunächst ausschließlich mit Medikamenten behandelt werden soll.

Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Informationen hierzu zusammen:

Tabelle 5: Herzkatheter-Untersuchung – Vergleich ohne und mit Einsetzen von Stents

Medikamente Medikamente und Stents
Wie läuft die Behandlung ab? Sie nehmen nach der Untersuchung regelmäßig mehrere Tabletten ein. In der ersten Zeit kontrolliert der Arzt oder die Ärztin: Schlägt die Behandlung an? Wenn nötig, wird sie angepasst. Während der Untersuchung weitet das Behandlungsteam das verengte Gefäß mit einem Ballon und setzt ein Drahtgitter (Stent) ein. Fachleute empfehlen, nach dem Eingriff dauerhaft Medikamente einzunehmen.
Welche Komplikationen können auftreten? Die Medikamente und die Katheter-Untersuchung können zu Nebenwirkungen und Komplikationen führen.

Medikamente und Katheter-Untersuchung können zu Nebenwirkungen und Komplikationen führen. Der Stent verursacht meist keine zusätzlichen Komplikationen. Ein Stent setzt sich aber leicht wieder zu. Deshalb sollten Sie vorübergehend zusätzliche Medikamente einnehmen, die die Blutgerinnung hemmen. Dadurch kommt es leichter zu Blutungen.

Lindert die Behandlung Beschwerden?

Bei etwa 79 von 100 Behandelten lindern Medikamente die Beschwerden dauerhaft. Etwa 21 von 100 entschließen sich zu einem weiteren Eingriff (Stent oder Bypass), weil die Beschwerden nicht nachlassen.

Nach einem Jahr sind etwa 15 von 100 Menschen, die täglich KHK- Beschwerden hatten, beschwerdefrei. Bei Menschen mit wöchentlichen Beschwerden sind es etwa 30 von 100.

Bei etwa 84 von 100 Behandelten lindern Stents die Beschwerden dauerhaft. Bei etwa 16 von 100 wird ein erneuter Eingriff notwendig (Stent oder Bypass). Dann haben sich Stents zugesetzt, oder es sind neue Engstellen entstanden.

Nach einem Jahr sind etwa 45 von 100 Menschen, die täglich KHK- Beschwerden hatten, beschwerdefrei. Bei Menschen mit wöchentlichen Beschwerden sind es etwa 60 von 100.
Senkt die Behandlung das Risiko für einen Herzinfarkt?

Bei beiden Behandlungen kommt es etwa gleich häufig zu Herzinfarkten.

Allerdings treten nach einem Herzkatheter-Eingriff im ersten halben Jahr mehr Herzinfarkte auf. Dafür sind es später weniger. Bei Medikamenten ist es genau umgekehrt.
Verlängert die Behandlung das Leben?

Mit oder ohne Stents ist die Lebenserwartung etwa gleich.

Man weiß nicht, ob die Behandlung mit Stents Vorteile hat, wenn gleichzeitig eine Herzschwäche vorliegt oder die linke Herzkranzarterie verengt ist (Hauptstammstenose).

Schränkt mich die Behandlung in meinem Alltag ein? Für eine optimale Behandlung ist wichtig, dass Sie regelmäßig Ihre Medikamente nehmen und Kontrolltermine wahrnehmen.
* Die regelmäßige Einnahme der verordneten Medikamente kann manchmal Herzinfarkte und Herztode verhindern: Studien haben gezeigt: Innerhalb von 5 Jahren wurden im Vergleich zu einem Scheinmedikament etwa 3 von 100 Menschen durch Blutfettsenker (Statine) vor einem Herzinfarkt oder Herztod bewahrt. Gerinnungshemmer (zum Beispiel ASS) konnten Herzinfarkt oder Herztod nach 2 Jahren bei etwa 4 von 100 Menschen verhindern. Bei stark erhöhtem Risiko für Folgeerkrankungen ist der Nutzen größer.

Und wenn die Beschwerden trotz Medikamenten bleiben?

Haben Sie sich zunächst nur für die Medikamente entschieden, so kann es vorkommen, dass Ihre Beschwerden anhalten. Es gibt dann immer noch die Möglichkeit, sich Stents einsetzen zu lassen. Die Medikamente nehmen Sie weiterhin zusätzlich ein.

Mehrere aussagekräftige Studien haben untersucht, ob Medikamente und zusätzliche Stents die Krankheitszeichen gegenüber der alleinigen Gabe von Medikamenten verbessern. In drei großen Untersuchungen wurde dies nachgewiesen, in drei anderen war das nicht der Fall.

Die Leitlinie empfiehlt:

Ihr Behandlungsteam soll Ihnen eine Herzkatheter-Untersuchung mit Einsetzen von Stents oder zur Planung einer Bypass-Operation dann anbieten, wenn Ihre Beschwerden trotz zuverlässiger Behandlung mit Medikamenten weiter anhalten und Ihre Gefäße dafür geeignet sind.

Entscheidung für einen Eingriff aufgrund von Beschwerden: Stent oder Bypass?

Ob für Sie nun Stents oder eine Bypass-Operation besser geeignet sind, hängt vor allem von Ihren Begleiterkrankungen, aber auch von Ihren Wünschen sowie von Lage und Ausmaß Ihrer Gefäßverengungen ab.

Die das Herz versorgenden Herzkranzarterien sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich angeordnet und verzweigt. Bei umfangreichen Gefäßschäden und komplizierter Lage sollen sich nach Meinung der Expertengruppe mehrere Spezialisten zusammensetzen und gemeinsam eine Behandlungsempfehlung erarbeiten. Dieses Herzteam besteht aus Kardiologinnen, Herzchirurgen und gegebenenfalls Ärztinnen aus anderen Fachrichtungen.

Sind bei Ihnen mehrere Herzkranzarterien und/oder der Hauptstamm der linken Herzkranzarterie (sogenannte Hauptstammstenose) verengt und Sie haben sich entschieden, einen Eingriff vornehmen zu lassen? Dann sollen Sie nach Meinung der Expertengruppe vor dem anstehenden Eingriff mittels folgender Entscheidungshilfe beraten werden "Verengte Herzkranzgefäße: Stent oder Bypass?": www.patienten-information.de/patientenblaetter/khk-stent-bypass.

Die Leitlinie empfiehlt:

  • Ist bei Ihnen der Hauptast der linken Koronararterie verengt (Eingefäß-Erkrankung), so soll Ihnen ein Herzkatheter mit Stent oder eine Bypass-Operation empfohlen werden.

  • Sind bei Ihnen mehrere koronare Hauptgefäße verengt (Mehrgefäß-Erkrankung), so soll Ihnen ein Herzkatheter mit Stent oder eine Bypass-Operation angeboten werden. Je stärker die KHK ausgeprägt ist, desto eher sollte die Bypass-Operation bevorzugt angeboten werden.

  • Haben Sie zusätzlich zu mehreren verengten Herzkranzgefäßen eine Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), so soll Ihnen eine Bypass-Operation angeboten werden.

  • Sind bei Ihnen sowohl der Hauptstamm der linken Herzkranzarterie (Hauptstammstenose) als auch mehrere weitere Herzkranzgefäße (Mehrgefäß-Erkrankung) stark verengt, so soll Ihnen eine Bypass-Operation angeboten werden.

  • Sind bei Ihnen sowohl der Hauptstamm der linken Herzkranzarterie (Hauptstammstenose) als auch mehrere weitere Herzkranzgefäße (Mehrgefäß-Erkrankung) mäßig stark verengt, so soll Ihnen als Behandlung der ersten Wahl eine Bypass-Operation angeboten werden. Als zweite Möglichkeit kommen dann Stents in Frage.

  • Ist bei Ihnen der Hauptstamm der linken Herzkranzarterie (Hauptstammstenose) verengt, aber weitere Herzkranzgefäße sind nicht oder nur leicht verengt, so soll man Ihnen Stents oder eine Bypass-Operation anbieten.

Sowohl Stents als auch eine Bypass-Operation bessern schnell Beschwerden und Lebensqualität, können aber mit Nebenwirkungen verbunden sein, wie Gefäßverletzungen, Blutverlust und Narkoserisiko.

Aussagekräftige Studien haben beide Verfahren miteinander verglichen: Sie haben gezeigt, dass die Bypass-Operation die Beschwerden anhaltender lindert als Stents, das heißt: es wird nach einer Operation seltener ein erneuter Eingriff notwendig. Innerhalb von 4 Jahren wird nach einem Bypass bei 6 von 100 Operierten ein erneuter Eingriff notwendig, bei Stents sind es 20 von 100 Behandelten.

Eine Gesamtauswertung aller Studien hat gezeigt, dass die Bypass-Operation in bestimmten Situationen im Vergleich zu Stents lebensverlängernd wirken kann. Das hängt davon ab, wie ausgeprägt die KHK ist und welche Begleiterkrankungen vorliegen:

Laut aktueller Studien hat ein Bypass für Menschen mit KHK und zusätzlichem Diabetes mellitus Vorteile gegenüber Stents: 11 statt 16 von 100 Menschen starben innerhalb von 5 Jahren.

Auch für Menschen mit Mehrgefäß-Erkrankung zeigte sich die Bypass-Operation in verlässlichen Studien vorteilhaft gegenüber Stents: 9 statt 12 von 100 Betroffenen starben in einem Zeitraum von 5 Jahren. Bei schwerer KHK starben 12 statt 17 von 100 Betroffenen.

Bei bestimmten Voraussetzungen brachte eine Bypass-Operation keinen Überlebensvorteil: zum Beispiel, wenn nur ein Gefäß verengt war.

Eine Operation ist aber auch mit Risiken verbunden. Innerhalb von 1 Jahr nach dem Eingriff treten unter anderem Blutungen und Herzrhythmus-Störungen häufiger auf. Zudem braucht es länger, bis man sich von dem Eingriff erholt hat und es ist öfter eine erneute Einweisung ins Krankenhaus erforderlich.

Die folgende Tabelle unterstützt Sie dabei, gemeinsam mit Ihrem Behandlungsteam zu entscheiden, ob die Blutgefäße mit der Hilfe von Stents offengehalten oder in einer Operation "überbrückt" (Bypass) werden sollen:

Tabelle 6: Vergleich Einsetzen von Stents/Bypass-Operation

Einsetzen von Stents Bypass-Operation
Wie läuft die Behandlung ab? Eine dünne Sonde (Katheter) wird über einen Einstich in der Leiste oder am Handgelenk ins Herz geführt. Das Behandlungsteam weitet das verengte Gefäß mit einem Ballon und setzt ein Drahtgitter (Stent) ein. Fachleute empfehlen, nach dem Eingriff dauerhaft Medikamente einzunehmen. Am offenen Herzen überbrückt das Operationsteam verengte Blutgefäße. Dazu verwendet es körpereigenes Gewebe (Arterien oder Venen). Meist kommt dabei eine Herz-Lungen-Maschine zum Einsatz. Fachleute empfehlen, nach der Operation dauerhaft Medikamente einzunehmen.
Wie lange brauche ich, um mich von der Behandlung zu erholen?

Nach dem Eingriff werden Sie meist über Nacht überwacht. Die meisten Behandelten können nach wenigen Tagen ihren Alltag wieder aufnehmen.

Bis zur vollständigen Heilung vergehen mehrere Wochen, in denen Sie körperlich eingeschränkt sind. An den Aufenthalt im Krankenhaus schließt sich eine Rehabilitation (Kur) an. 
Lindert die Behandlung Beschwerden?  Bei etwa 80 von 100 Behandelten lindern Stents die Beschwerden dauerhaft. Bei etwa 20 von 100 wird innerhalb von 4 Jahren ein erneuter Eingriff notwendig. Dann haben Stents sich zugesetzt oder neue Engstellen sind entstanden.  Bei etwa 94 von 100 Behandelten lindert eine Bypass-Operation die Beschwerden dauerhaft. Bei etwa 6 von 100 wird innerhalb von 4 Jahren ein erneuter Eingriff notwendig, weil neue Engstellen entstanden sind.
Verlängert die Behandlung das Leben?


Das hängt davon ab, wie ausgeprägt die KHK ist und welche Begleiterkrankungen vorliegen. In folgenden Situationen kann der Bypass im Vergleich zu Stents lebensverlängernd wirken: 

Menschen mit KHK und Diabetes:

16 von 100 sind nach 5 Jahren gestorben.

Wenn mehrere Blutgefäße betroffen sind:

12 von 100 sind nach 5 Jahren gestorben.

Bei schwerer KHK:

17 von 100 sind nach 5 Jahren gestorben.

Menschen mit KHK und Diabetes:

11 von 100 sind nach 5 Jahren gestorben.

Wenn mehrere Blutgefäße betroffen sind:

9 von 100 sind nach 5 Jahren gestorben.

Bei schwerer KHK:

12 von 100 sind nach 5 Jahren gestorben.

Bei Menschen ohne Diabetes und weniger stark ausgeprägter KHK oder mit nur einem betroffenen Blutgefäß sind Stents und eine Bypass-Operation vergleichbar.

Wenn ausschließlich der Hauptstamm der linken Herzkranzarterie betroffen ist (isolierte Hauptstammstenose), ist unklar, ob Stents so wirksam sind, wie eine Bypass-Operation.
Welche Komplikationen können auftreten?

Innerhalb von 30 Tagen nach dem Eingriff:

Schwere Komplikationen 3 %

(vor allem nicht-tödliche Herzinfarkte)

Innerhalb von 1 Jahr nach Eingriff:

Blutungen 1,6 %

Herzrhythmus-Störungen 2,4 %

Akuter Nierenschaden 0,1 %

Erneute Krankenhauseinweisung 5,5 %

Innerhalb von 30 Tagen nach dem Eingriff:

Schwere Komplikationen 3 %

(vor allem nicht-tödliche Herzinfarkte)

Innerhalb von 1 Jahr nach Eingriff:

Blutungen 3,8 %

Herzrhythmus-Störungen 14,1 %

Akuter Nierenschaden 0,9 %

Erneute Krankenhauseinweisung 10,2 %

Schränkt mich die Behandlung im Alltag ein?

Für eine optimale Behandlung nehmen Sie Ihre Medikamente regelmäßig ein und nehmen Ihre Kontrolltermine wahr.

Nach erfolgreicher Rehabilitation setzen Sie die regelmäßige Einnahme Ihrer Medikamente fort und nehmen Ihre Kontrolltermine wahr.

Behandlungsziele einhalten

Am besten ist es, wenn Sie mit Ihrer Hausärztin gemeinsam Behandlungsziele festlegen, das heißt, was bis zu welchem Zeitpunkt erreicht werden soll und durch wen.

Zum Beispiel: Sie nehmen sich vor, innerhalb der nächsten 2 Monate mit dem Rauchen aufzuhören. Das wird schriftlich festgehalten. So können Sie und Ihr Arzt überprüfen, ob diese Ziele erreicht werden konnten.

Tabelle 7: Beispielvorlage für einen gemeinsam erarbeiteten Therapieplan. Quelle: modifiziert nach www.decisionaid.ohri.ca

Wie ist der Ausgangspunkt? Welches Ziel wollen Sie und Ihr Arzt erreichen? Was Sie selbst tun können Medizinische Maßnahmen, die Ihr Arzt Ihnen dazu verordnet
Mit dem Rauchen aufhören
Körperliche
Bewegung
Rückkehr in
den Beruf
Übergewicht in den Griff
bekommen
Blutdruck senken
Stress
vermindern
Weitere
Erkrankungen behandeln

Studien berichten, dass etwa 4 von 10 Menschen mit KHK ihre Medikamente auf Dauer nicht wie verordnet einnehmen (siehe auch Wörterbuch: "Adhärenz"). Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Betroffene ihre Folgerezepte zu selten anfordern und Kontroll-Termine nicht einhalten.

Die Leitlinie empfiehlt:

Aus diesem Grund soll Ihre Ärztin oder Ihr Arzt während des gesamten Krankheitsverlaufs regelmäßig überprüfen, ob und wie Sie Ihre Medikamente einnehmen. Ebenso soll Ihre Ärztin oder Ihr Arzt regelmäßig nachfragen, ob Sie vereinbarte Behandlungsziele zum Lebensstil erreicht haben, zum Beispiel mit dem Rauchen aufhören oder mehr Bewegung.

Bei bestehenden Problemen sollte Ihr Behandlungsteam Sie unterstützen und gemeinsam mit Ihnen nach Hilfen und Lösungen suchen. Wenn es dennoch langfristig nicht klappt, sollte Ihnen psychologische oder psychotherapeutische Unterstützung angeboten werden.

Besonderheiten für Menschen mit mehreren Erkrankungen  

Es kommt vor, dass ein Mensch mehrere Krankheiten hat, die dauerhaft behandelt werden müssen. Da mit zunehmendem Lebensalter meist mehr gesundheitliche Probleme auftreten, erhalten insbesondere ältere Menschen oft mehrere Behandlungen zugleich. Medizinische Eingriffe, Nebenwirkungen von Medikamenten oder häufige Arztbesuche können sehr belastend sein. Bei gleichzeitiger Einnahme verschiedener Medikamente können sich diese Mittel gegenseitig beeinflussen und mehr unerwünschte Wirkungen hervorrufen. Je mehr Medikamente man bekommt, desto schneller kann man den Überblick verlieren. Es ist nicht immer gut, sich ständig mit seinen Krankheiten zu befassen. Dies kann sowohl Ihre Stimmung als auch Ihren Alltag beeinträchtigen. 

Aus diesen Gründen ist es manchmal günstiger, nicht alle Erkrankungen zugleich behandeln zu lassen. 

Die Leitlinie empfiehlt:

Menschen mit mindestens drei dauerhaft bestehenden Krankheiten sollen gemeinsam mit ihrem Ärzteteam besprechen, welche Beschwerden oder Erkrankungen am dringlichsten zu behandeln sind. Gleiches gilt für sehr alte Menschen mit einem eingeschränkten Gesundheitszustand.

Am besten teilen Sie Ihrer Ärztin mit, welche Beschwerden Sie besonders einschränken und welche Behandlungen Sie am meisten belasten. Gemeinsam können Sie abwägen, welche Beschwerden für Sie wichtig sind und ob eine Ihrer Erkrankungen unbehandelt womöglich einen ungünstigen Verlauf hat. Dabei sollte einer Ihrer behandelnden Ärzte Ihr Hauptansprechpartner sein. Er muss unter anderem genau wissen, welche Medikamente Sie wie einnehmen – und welche Sie trotz Verordnung nicht oder anders einnehmen.

Was Sie bei der Einnahme mehrerer Medikamente beachten sollten, finden Sie auch kompakt in der Kurzinformation "Medikamente – Nehme ich zu viele ein?": www.patienten-information.de/kurzinformationen/multimedikation.

2023. Version 4

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Spezielle Angebote für Menschen mit chronischer KHK finden Sie unter den folgenden Adressen:

Deutsche Herzstiftung e. V.
E-Mail: 
Internet: www.herzstiftung.de/selbsthilfegruppen.html

Deutsche Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen e. V. 
Unter dieser Adresse erfahren Sie, welche Herzgruppen es in Ihrem Bundesland gibt:
E-Mail: 
Internet: www.dgpr.de

Stiftung "Der herzkranke Diabetiker"
Stiftung in der Deutschen Diabetes-Stiftung

E-Mail: 
Internet: www.stiftung-dhd.de

Wo sich eine Selbsthilfegruppe in Ihrer Nähe befindet, können Sie auch bei der Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS) erfragen:

Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS)
Otto-Suhr-Allee 115
10585 Berlin
Telefon: 030 31018960
Fax: 030 31018970
E-Mail: 
Internet: www.nakos.de

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